Lernvoraussetzungen 
Dienstag, 22 Januar, 2019, 21:56
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Hierunter sind Vorerfahrungen, Vorkenntnisse
und Vorwissen zu verstehen, die in einer Lehr-Lernsituation vorhanden
sein müssen, wenn neue Kompetenzen angeeignet werden sollen. So
muss z.B. jemand, der in einem Kurs das Multiplizieren lernen will, vorher
addieren können.
Wenn jemand die Kompetenz erwerben soll, ein französisches Buch auf
dem Rücken schwimmend zu lesen, wird man ihn nicht mit einem
französischen Buch ins Wasser werfen, wenn er weder schwimmen, noch
lesen, noch Französisch kann. Kompetenzen stehen stets "auf den
Schultern" von anderen, elementareren Kompetenzen.
Da man logischerweise in einem einzigen Kurs immer nur eine begrenzte
Zahl von Kompetenzen entwickeln oder weiterentwickeln kann, müssen
Designer wissen, welche Kompetenzen sie als bereits entwickelt annehmen
müssen, wenn sie am Design eines Kurses arbeiten. Sie müssen Kompetenzen
ihrer Zielgruppe so weit kennen, dass sie entscheiden können, ob bzw. in
welchem Umfang die Lerner über die Lernvoraussetzungen für den zu
gestaltenden Kurs verfügen.
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Lernumgebung: Checkliste zur Analyse und Gestaltung 
Dienstag, 22 Januar, 2019, 21:55
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CHECKLISTE ZUR ANALYSE UND GESTALTUNG VON LERNUMGEBUNGEN

Lernort/e:


Lernzeiten:


Raumgestaltung:


Andere Personen (Gestaltung der Sozialbeziehungen):


Hintergrund-Materialien & Medien:


Geräte & Werkzeuge:


Referenzen:


Regelungen:


Kursmaterialien:

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LERNUMGEBUNGEN, LERNERFAHRUNGEN UND LERNKULTUREN 
Dienstag, 22 Januar, 2019, 21:49 - L
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Die Erfahrungen von Menschen mit unterschiedlichen Lernumgebungen
stehen in engem Zusammenhang mit ihren jeweiligen Bildungsbiographien:
Kommen in diesen Biographien nur die Lernumgebungen des traditionellen
Schul- und Hochschulunterrichts vor (Fachräume und Klassenräume) oder
liegen Erfahrungen mit weiteren Lernumgebungen vor: mit Fernstudium, mit
Bildungsreisen, mit Praktika, mit Hospitationen, mit Tagungen und Konfe-
renzen oder mit öffentlichen Diskussionen ? Wie weit wurden und werden
Museen, Bibliotheken, Beratungsstellen, Zoos, Theater, Kirchen, Sport-
lätze, Fernsehsendungen, Zeitungen, PCs oder Bücher bewußt als Lern-
umgebungen bzw. als Elemente von bestimmten Lernumgebungen wahr-
genommen ?

Lernumgebungen sind jedoch immer auch Ausdruck von Lernkultur. Wenn
man beispielsweise die für Management-Training typischen Lernumgebungen
vergleicht mit denen, die für die militärische Grundausbildung oder für die
Lehrlingsausbildung charakteristisch sind, fallen die Unterschiede rasch ins
Auge. Noch deutlicher werden diese Unterschiede, wenn man den
europäisch-abendländischen Bereich verlässt und z.B. an Lernumgebungen
außereuropäischer Kulturen denkt: An buddhistische Klöster, an Moscheen
oder an "Buschschulen", in denen Kinder afrikanischer Stämme auf ihre
Initiation vorbereitet werden. Wir wollen uns deshalb zunächst der
kulturellen Eigenart von Lernumgebungen zuwenden.

Merkmale bzw. Elemente von Lernum-
gebungen nach folgenden Katagorien knapp beschrieben werden:

* Lernorte
* Lernzeiten
* Raumgestaltung und Raumausstattung
* Personen (Gestaltung der Sozialbeziehungen)
* Hintergrund-Materialien & Medien
* Geräte & Werkzeuge
* Referenzen
* Regelungen
* Kursmaterialien

KULTURSPEZIFISCHE EIGENART VON LERNUMGEBUNGEN

Die 20 Grundmodelle didaktischen Handelns sind nicht lediglich verschie-
dene Lehrmethoden bzw. Lehrtechniken zu betrachten. Vielmehr wird die
Lernumgebung als Komponente des methodischen Kerns von Elementen
bestimmt von einem "kulturellen Hintergrund", zu dessen Elementen neben
Raum- und Zeitstrukturen auch Objekte und Symbole, Personen und
Werkzeuge, Mythen und Rituale gehören. So nimmt es nicht wunder, wenn
man von Untersuchungen mit indianischen Jugendlichen erfährt, die in
runden Räumen offensichtlich besser lernten als in rechteckigen Räumen.
Und daß gut gestaltete und sorgfältig unterhaltene Lernumgebungen
positivere Wirkungen auf Lernklima und Lernerfolg haben als verwahrloste,
entspricht unserer Alltagserfahrung.

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, daß tätigkeitstheoretisch
orientierte Psychologen wie z.B. LEONTIEW darauf hingewiesen haben,
daß und wie die Denkformen der Menschen von ihrer Arbeitsorganisation
und vom Gebrauch typischer Werkzeuge bestimmt werden. Beides sind
wichtige Elemente des kulturellen Hintergrunds, der nicht nur die Form
ihres Denkens, sondern auch die Form ihres Lernens bestimmt. Man kann
diese Erkenntnis jedoch auch in umgekehrter Richtung anwenden: Wenn
sich die Arbeitsorganisation und der Werkzeuggebrauch ändern oder
ändern sollen, müssen auch die "Didaktiken" sich ändern, wenn ein
Auseinanderklaffen beider oder gar ein kontraproduktiver Einfluß vermieden
werden soll.

In neuerer Zeit wird - vor allem in Hinblick auf Entwicklungsländer - die
Notwendigkeit "angepaßter" Lernumgebungen und Lehrmittel betont. Damit
ist gemeint, daß Lernumgebungen in diesen Ländern so beschaffen sein
sollten, daß sie aus einheimischen Quellen und mit einheimischen Mitteln zu
gestalten und zu unterhalten sind. Verzichtet werden soll im besondern auf
teuere importierte "Unterrichtstechnologie", die aus finanziellen und
personellen Gründen auf Dauer weder finanziert noch gewartet werden kann.
Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche Beispiele dafür, wie mit didaktischer
Phantasie auch angesichts knapper Mittel differenzierte und vielfältige
Lernumgebungen entwickelt werden können.

Damit ist erneut der Zusammenhang zwischen den gegenwärtig stattfinden-
den kulturellen und ökonomischen Veränderungen auf der einen und den
Änderungen des bedeutsamen kulturellen Hintergrunds von Didaktiken auf
der anderen Seite angesprochen. Bezogen auf Lernumgebungen lassen
sich mindestens drei Gesichtspunkte hervorheben, an denen sich dieser
Zusammenhang besonders deutlich zeigen läßt: Unsere Kultur wird kom-
plexer (und damit unübersichtlicher), sie wird "pluralistischer" (und damit
auch "multikultureller") und sie wird bestimmt von einem Wertewandel, der
auf die Sicherung von Lebensqualität abzielt. "Neues Lernen", wie wir es
bereits in Kurs 1 umrissen haben, ist deshalb auf Lernumgebungen
angewiesen, die den Änderungen unserer Kultur Rechnung tragen.
Lernumgebung sollten deshalb

* komplex sein,
* vielfältig sein und
* Lebensqualität sichern.

KOMPLEXE UND WENIG KOMPLEXE LERNUMGEBUNGEN

Die Komplexität einer Lernumgebung ist nicht gleichzusetzen mit der
Reichhaltigkeit der Ausstattung, auch wenn es hierbei gewisse Zusammen-
hänge gibt. Wenig komplexe Lernumgebungen zeichnen sich dadurch aus,

* daß Lerntätigkeit ausschließlich an einem einzigen Lernort ausgeübt wird,

* daß die Lernzeiten in standardisierte Intervalle eingeteilt und wenig
gegliedert sind,

* daß Räume spärlich ausgestattet sind,

* daß es im wesentlichen nur eine einzige Informationsquelle gibt (z.B.
den Lehrer),

* daß im wesentlichen nur ein einziger Kanal für die Informationsvermittlung
genutzt wird (z. B. direkte mündliche Übermittlung),

* daß kaum Hintergrundmaterialien (Lexika, Literaturapparat etc.) bereit-
gestellt werden,

* daß (z.B. außer Tafel und Kreide) kaum Medien zur Präsentation und
Visualisierung eingesetzt werden,

* daß Lernern keine kursspezifischen Lernmaterialien zur Verfügung stehen

* und daß die keine Regelungen für die Nutzung und Wartung der Lernum-
gebung existieren.

Komplexe Lernumgebungen zeichnen sich demgegenüber durch das
Vorhandensein der genannten Merkmale aus, vor allem aber dadurch, daß
zwischen den einzelnen Elementen sowie zu den Lernaufgaben und Lern-
tätigkeiten differenzierte Beziehungen bestehen.

MODELLSPEZIFISCHE UND MODELLÜBERGREIFENDE ELEMENTE
VON LERNUMGEBUNGEN

Es versteht sich von selbst, daß Lernumgebungen so beschaffen sein sollten,
daß die nach dem jeweiligen didaktischen Modell gestaltete Unterrichtseinheit
effektiv durchgeführt werden kann. So erfordern z.B.

* Erkundungen sorgfältige Auswahl der externen Lernorte,
* Planspiele mit mehreren Teams außer entsprechenden Planspielunterlagen
auch Möglichkeiten des Rückzugs der Teams in abgeschirmte Raumbereiche,
* Werkstattseminare eine Ausstattung mit Pinnwand-Material,
* Lernnetzwerke Möglichkeiten der Telekommunikation oder
* Disputationen eine entsprechende Anordnung der Pulte und Sitzmöbel sowie
Begrenzung der Redezeiten.

Frontalunterricht hingegen läßt sich - wie Beispiele in Ländern der Dritten
Welt zeigen - im Extremfall auch unter einem Baum durchführen, wobei der
Lehrer steht und die Schüler auf dem Boden sitzen.

Es besteht also ein funktionaler Zusammenhang zwischen der Modellspezifik
einer Unterrichtseinheit und der Gestaltung der Lernumgebung. Daraus
lassen sich zweierlei Konsequenzen ziehen:
Zum einen muß man auf Modellvielfalt verzichten, wenn die entsprechende
Gestaltung der Lernumgebung nicht möglich ist (oft als beliebte Ausrede
verwendet). Zum anderen muß man langfristig und mittelfristig Anstrengungen
unternehmen, um die Möglichkeit zur modellspezifischen Gestaltung von
Lernumgebungen zu verbessern.

Unter dem Stichwort "multifunktionale Lernumgebungen" bzw. "Lernräume"
wurden beispielsweise bereits im Schulbau der 60er Jahre entsprechende
Anstrengungen unternommen. Dazu gehörten zum einen flexible Wände,
leicht umzustellendes Mobiliar sowie Schränke und Regale für Lern-
materialien. Es gehörten dazu die verschiedensten Geräteausstattungen
für den Medieneinsatz. Und es gehörten dazu Vitrinen und Aufhängevor-
richtungen für Ausstellungen sowie Anschlüsse für Wasser, für Fernseh-
empfang und für Telekommunikation. Wie einzelne Beispiele aus dem
internationalen Bereich zeigen, lassen sich multifunktionale Lernumgebungen
dieser Art auch bereits mit bescheidenen Mitteln herstellen. Andererseits
sollten alle für Bildungseinrichtungen verantwortlichen Personen darauf
bedacht sein, langfristig gut ausgestattete, multifunktionale und auf Dauer
zu unterhaltende Lernumgebungen zu entwickeln.

(Flechsig, in: CEDID)

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Lernumgebung 
Dienstag, 22 Januar, 2019, 21:30 - L
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Die Lernumgebung ist derjenige Ausschnitt der Umwelt des Lerners, der ausgewählt und gestaltet wird, um Lerntätigkeit zu ermöglichen und zu unterstützen. Die Lernumgebung besteht in der Regel aus

- realen Objekten (Rohmaterial, Organismen, Gegenständen,
Geräten oder Werkzeugen),
- Medien (gesprochenen und/oder schriftlichen Texten, Abbil-
dungen, Filmen, Modellen oder Elementarisierungen),
- Lernhelfern (Experten, Tutoren, Moderatoren, Beratern,
Organisatoren oder Autoren), und
- Regeln (z.B. Ordnungen für räumliche, zeitliche oder
institutionelle Nutzung, soziale Gruppierung etc.)

Lernumgebungen können eng in Realität eingebunden sein (Lernen am Arbeitsplatz etc.) oder zeitlich und räumlich ausgegliedert, sie können einfach oder komplex sein.

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Lernstrategie, Phasen von Lernstrategien 
Dienstag, 22 Januar, 2019, 20:26 - L
sb_postedby sb_admin
Die Entwicklung, Verbesserung und Veränderung eigener Lernstrategien
hat offensichtlich mehrere Aspekte:

- Entwicklung der Fähigkeit, den Lerninhalt als bedeutsam anzusehen,
d.h. ihn auf seine längerfristige BEDEUTUNG für die Entwicklung der
eigenen Persönlichkeit anzusehen.

- Entwicklung der Fähigkeit, sich auf einen Lernprozeß einzulassen
und nicht auszuweichen, bzw. sich ablenken zu lassen (KONZENTRATION)

- Entwicklung der Fähigkeit, die für den Lernprozeß erforderlichen
INFORMATIONEN aufzufinden und einzuordnen in den bisherigen Er-
fahrungskreis.

- Entwicklung der Fähigkeit, das neu Gelernte gegen Vergessen abzu-
sichern und zu ÜBEN.

- Und schließlich Entwicklung der Fähigkeit, das Gelernte auf neue
Erfahrungen, auf die Bewältigung neuer Lebenssituationen anzuwenden
(ÜBERTRAGUNG)


Schon der erste Blick auf diese fünf Punkte zeigt, daß zumindest
Erwachsene nie bei Null anfangen, wenn sie "das Lernen lernen".
Sie haben immer schon Vorerfahrungen, positive oder negative.
Im folgenden sollen die oben genannten Punkte auf solche Erfahrungen
hin geprüft werden.

BEDEUTSAMKEIT (des Lerngegenstandes): Jedermann kennt den Spruch:
"Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen!". Damit soll
gesagt sein, daß wir uns bemühen sollten, Kenntnisse und Fähigkeiten
unter dem Gesichtspunkt künftiger Anwendbarkeit zu sehen. Betrachtet
man diese Maxime jedoch etwas näher, so erweist sie sich als
wesentlich komplizierter als man annimmt: Was man künftig "brauchen"
wird, hängt immer auch davon ab, wofür man sich jetzt zu interes-
sieren beginnt. Nicht nur, daß wir die Zukunft und somit den
künftigen Bedarf nicht vorhersehen können; wir können auch unsere
eigene Persönlichkeitsentwicklung nur teilweise vorhersagen.
Insofern läßt sich die Bedeutung eines Lerngegenstandes keineswegs
aus unseren Zukunftsvorstellungen ableiten. Wir müssen stets auch
unsere Vergangenheit und unsere Gegenwart heranziehen, um solche
Bedeutungen zu erkennen und auch bewußt formulieren zu können.

KONZENTRATION: Das Bewußtsein langfristiger Bedeutsamkeit eines
Lerngegenstandes reicht offfensichtlich nicht aus, um in jedem
Augenblick die Entscheidungen über Lernzeit und Lernaufwand ver-
nünftig treffen und und konsequent durchführen zu können. Es gibt
offensichtlich Ablenkungen der verschiedensten Art. Auch dies ist
eine Alltagserfahrung: In jedem Moment streiten meist mehrere
- bewußt oder unbewußt wirksame - Handlungsziele um Verwirklichung.
Auf dem Schreibtisch liegt das Buch - draußen lockt das Wetter
zum Bade - im Fernsehen läuft eine wichtige Sendung. Mancher hat
hier schon seine privaten Erfindungen gemacht, wie man sich dazu
bringen kann, "bei der Stange zu bleiben": Sich selbst Belohnungen
in Aussicht stellen, wenn man durchhält, die Lernaktivität, zu
der man sich entschlossen hat, mit einer Reihe von angenehmen
Kleinbelohnungen zu umgeben (etwas in den Mund stecken, sei es
eine Zigarette, sei es etwas Eßbares, sei es ein Getränk), oder
auch das Ausdenken von Strafen, wenn nicht.... Es gibt aber auch
die Erfahrung, daß es keinen größeren Erfolg als den Erfolg gibt,
daß der beste Lohn darin liegen kann, die Sache als solche lieben
zu lernen. Ebenso wie man sich angewöhnen - sprich: wie man
lernen - kann, Zigaretten zu mögen, kann man auch lernen, Waldlauf,
Zeitungslektüre oder Kreuzworträtsel zu mögen.

INFORMATIONSVERARBEITUNG: Daß Lernen etwas mit Informationen zu
tun hat, ist auch eine Alltagserfahrung. Dabei ist zunächst un-
erheblich, in welcher Weise die Informationen vorliegen: als
"Vormachen" der zu erlernenden Tätigkeit durch einen anderen,
als Abbildung oder als gesprochene oder geschriebene Sprache.
Informationen sind aber noch keine Garantie dafür, daß sie auch
aufgenommen werden. "Man kann ein Pferd zur Tränke führen, aber
nicht trinken machen!" - so lautet ein englisches Sprichwort.
Informationsaufnahme ist demnach als ein aktiver Prozeß des
Lerners zu sehen. Wie der Lerner den Informationsaufnahmeprozeß
steuert und regelt, darüber haben Menschen schon lange nachgedacht.
Bei diesem Nachdenken hat sich in einigen Punkten Übereinstimmung
ergeben. Einmal ist die Tätigkeit des Informationsaufnehmens
nämlich in hohem Maße abhängig von der Vorerfahrung (dem Vorwissen,
der Vorstrukturierung meines Wissens). Zum anderen ist offen-
sichtlich die Information ein und derselben Sache für verschiedene
Menschen verschieden groß. Und schließlich ist die Menge der
Informationen pro Zeiteinheit, die aufgenommen und verarbeitet
werden können, begrenzt. Schließlich aber, und auch das ist
wichtig zu wissen, gibt es im menschlichen Gehirn keine erkennbare
Grenze der "Speicherungsfähigkeit", d.h. alles was aufgenommen und
verarbeitet werden kann, findet auch Platz. Das Phänomen des
Vergessens und Verlernens bei mangelnder Übung kennt ebenfalls
jeder, wie man auch aus eigener Erfahrung meist weiß, daß man
beim "Wiederlernen" einer Sache, die man vergessen zu haben
scheint, weniger Zeit braucht. Sie kann demnach nicht völlig
"ausgelöscht" gewesen sein.

ÜBEN: Knüpfen wir auch hier wieder an eine Sprichwörterweisheit
an: "Übung macht den Meister!". Darin liegen ganz offensichtlich
zwei Aspekte. Zum einen wirkt "Üben" oder "Wiederholen"
("repetitio est mater studiorum") dem Vergessen entgegen und
bewirkt es, eine Fähigkeit, die erlernt wurde, auf der gleichen
Höhe zu halten. Zum anderen aber steht Üben auch im Zusammenhang
mit Perfektion und Virtuosität. Da sich jede Fähigkeit (bis zu
einer individuell und theoretisch zu bestimmenden Obergrenze)
steigern läßt, welche die meisten Menschen nie anstreben,
geschweige denn erreichen, geht es meistens immer noch ein
bißchen weiter. Man weiß das vom Klavierspielen, aber auch vom
Sport. Für die Beherrschung einer Fremdsprache gilt ähnliches.
Und schließlich dürfen die Dinge auch im emotionalen Bereich
Entsprechungen haben. Haß ist erlernbar und offenbar auch
steigerungsfähig. Man muß nur gut üben.

ÜBERTRAGUNG (auf neue Lebenssituationen): Wer hat nicht schon den
Spruch gehört, daß jemand, der Latein gelernt hat, besser logisch
denken kann. Dahinter verbirgt sich die Auffassung, daß die
Fähigkeiten, die man beim Lateinlernen entwickelt, auf andere
Erfahrungsbereiche übertragbar seien. Dies ist nicht ganz falsch,
aber auch nicht ganz richtig. Richtig ist dies deshalb, weil eine
Übertragung jeder Erfahrung auf neue Situationen stattfindet,
wenn sich frühere und neue Situationen in bestimmten Punkten
entsprechen. Also ist auch das Zuordnen von Beispielen und
Regeln, das beim Lateinlernen stattfindet, eine in diesem Sinne
auf ähnliche Situationen übertragbare Erfahrung. Andererseits
trifft natürlich auch das Umgekehrte zu: Wer das Zuordnen von
Regeln und Beispielen an einem komplexen Gegenstand - etwa an
einer Programmiersprache erlernt hat, kann diese Erfahrungen auch
auf das Lateinlernen übertragen; aber natürlich auch auf andere
Bereiche mit ähnlichen Strukturen. Wenn dies zutrifft, dann
wird es darauf ankommen, die Regelhaftigkeit solcher Übertragungen
etwas genauer durchschauen zu lernen. Vor allem die Beschäftigung
mit allgemeinern Handlungsregeln oder "Modellen" spielt hier eine
gewisse Rolle.

Dies aber verweist uns auf unser Ausgangsproblem: "Lernstrategien
entwickeln". Wenn wir das "Lernen lernen" wollen, so müssen wir
demnach auch versuchen, allgemeinere Handlungsmuster für Lern-
tätigkeit zu erkennen und anwenden zu lernen. Diese "Lern-
strategien" sind dann zu üben.. Voraussetzung aber ist, daß wir
eine persönliche Bedeutsamkeit in der jeweils zu erlernenden
Fähigkeit sehen können, daß wir unsere Konzentration sichern
(etwa indem wir uns bemühen, während der ganzen Seminarzeit im
Raum zu sein), und schließlich, daß wir gewisse Informationen
(z.B. lernpsychologisches Wissen) aufnehmen.

REFLEXION: Damit sind wir beim sechsten und letzten Punkt ange-
kommen. Eine Erfahrung wird nur dadurch zu einer Erfahrung, daß
man sie bewußt macht (prüfen Sie einmal, wie Sie die beiden
letzten Wörter betont haben!). Es geht also darum, nach Ablauf
eines Geschehens z.B. eines Lernprozesses, sich darüber Gedanken
zu machen, was geschehen ist, aber auch das Geschehene zu
bewerten. Solche Reflexion setzt zumeist Sprache voraus. Man
kann aber auch Bilder und Zeichen verwenden. Besonders nützlich
sind hier "Lernberichte", die man entweder schreibt (man braucht
sie ja keinem anderen zu zeigen) oder aber auch mündlich anderern
vorträgt. Dabei ist allerdings darauf zu achten, daß keine
anderen Motive ins Spiel kommen (z.B. daß man sich überlegen
darstellen will). Nach und nach wird man dazu kommen, zur Inter-
pretation des Geschehens Theorien und Modelle heranzuziehen,
entweder solche, die die Wissenschaft entwickelt hat, oder aber
solche, die man selber einer Bewährungsprüfung unterzogen und
für den eigenen Gebrauch als zweckmäßig ausgewählt hat.


LERNÜBUNG 1: Versuchen Sie, die wichtigsten Aussagen dieses
Textes so zu lernen, daß Sie sie einer anderen Person mitteilen
können! Gehen Sie bitte in folgenden Schritten vor:

1. Schritt: Machen Sie sich klar, welche Bedeutung für Sie der
Erwerb von Lernstrategien hat, und zwar im Hinblick
auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft!

2. Schritt: Überlegen Sie sich, wie Sie sich am "Ausbrechen"
aus der Lektüre bzw. aus dem Lernprozeß selbst
hindern wollen! Schließen Sie am besten einen
schriftlichen Vertrag mit sich selbst!

3. Schritt: Ordnen Sie die Information so, daß sie in Ihr
Erfahrungssystem paßt! Wenn dies auf Anhieb nicht
gelingt, benutzen Sie die sechs verwendeten Begriffe
"Bedeutsamkeit", "Konzentration", "Informations-
verarbeitung", "Übung", "Übertragung" und "Reflexion".
Wenn Sie noch eine zusätzliche "Eselsbrücke" brauchen,
bilden Sie aus den Anfangsbuchstaben ein schönes
Wort (z.B. "IKÜBÜR"! Sie können auch ein prägnantes
Bild oder eine andere Symbolik verwenden, die Sie
kennen.

4. Schritt: Das Gelernte kann man recht gut üben, wenn man es
einem anderen berichtet. Dieser soll ruhig zurück-
fragen dürfen, aber nur sehr formal (z.B. "Sind das
nur fünf Punkte?" oder "Bezieht sich Informations-
verarbeitung nur auf Aufnehmen und Speichern?").
Eine richtige Diskussion zu diesem Zeitpunkt wäre
eher eine Ablenkung. Man kann sich den Gegenüber
aber auch nur vorstellen, und sich dabei selbst die
Fragen stellen. Was man nicht weiß, am besten
notieren und später gezielt nachlesen.

5. Schritt: Bearbeiten Sie einen anderen Text auf die gleiche
Weise, später vielleicht einen Vortrag oder eine
technische Fertigkeit wie die Bedienung eines
Kleinrechners.

6. Schritt: Schreiben Sie einen kurzen Lernbericht, in dem Sie
Ihre Erfahrungen, Schwierigkeiten und Einsichten
festhalten! Sie können auch, wenn Sie nicht gern
schreiben, einen anderen bitten, Ihren mündlichen
Bericht anzuhören.


Quelle: Flechsig, Karl-Heinz,
"Lernstrategien",
13.05.1980

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