Lernstile - neu gedacht?

Sieht man einmal von den physiologischen Orientierungen zur Unterscheidung visueller, akustischer und motorischer (kinästhetischer und taktiler) Präferenzen von Lernern ab, die nun seit gut 110 Jahren in der Literatur erscheinen (so schon in Ernst Meumanns 2-bändigen Vorlesungen zur Einführung in die experimentelle Pädagogik und ihre psychologischen Grundlagen von 1907), kann seit etwa 50 Jahren von einer umfangreichen Lernstilforschung gesprochen werden. Modelle und Ansätze wie auch die eingesetzten Instrumente sind in Hülle und Fülle vorhanden, es zeichnet sich allerdings kein klares und praktikables Gesamtbild ab.

Allen gemeinsam ist die Vorstellung, dass es kein allgemeingültiges einziges Erklärungsmodell menschlichen Lernens gibt, wie es in der Zeit um und nach 1950 im Behaviorismus versucht worden war.

Das hatte in den frühen 1960er Jahren Robert Gagné bereits mit den Hinweis eingeleitet, dass es verschiedene Arten von Lernen bereits auf der Grundlage unterschiedlicher Anforderungen oder Problemstellungen gibt.

Es wäre ja hilfreich und überzeugend, wenn den Überlegungen zu einer auf individuelle Eigenarten des menschlichen Lernens ausgerichteten Theorie eindeutige naturwissenschaftliche und/oder sozialwissenschaftliche Erklärungsmuster zugrunde liegen würden, z.B.

  • dass bestimmte Konstellationen des menschlichen Gehirns
  • oder dass die Prägung durch ein bestimmtes soziales Umfeld

zu spezifischen Bevorzugungen oder Ablehnungen in der methodischen Ausgestaltung eines Lernprozesses führen würden. Aber wir kennen oder erkennen diese (noch?) nicht.

Was uns an den Überlegungen zu individuellen Lernstilen interessiert und überzeugt hat, ist, dass aus ihnen bzw. der Konfrontation mit ihnen ein Prozess der Selbstreflexion für jeden Lerner/jede Lernerin entstehen kann, der zu einem systematischeren und persönlichen Adaptationsprozess für weiteres, künftiges Lernen führen kann.

Mit anderen Worten: Wer den Hinweis bekommt, dass er/sie beim Lernen die eigene Persönlichkeit ins Spiel bringt, fragt nach, was dabei fördernd oder hinderlich sein könnte.

Wir bieten hier Informationen und Produkte zur Forschung und Praxis von Lernstilen an.

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Die Vorstellung, dass Menschen über einen eigentümlichen Stil verfügen, hat eine längere Tradition. Eine bedeutende geistesgeschichtliche Station markiert die 1753 von Comte de Buffon gehaltene "Rede über den Stil". Dort prägte Buffon den viel zitierten Satz:

"Le style est l'homme même" ("Der Stil ist der Mensch selbst").

Gemeint ist, dass nicht Erfahrungen, Erkenntnisse, Einstellungen oder ähnliches den Menschen in seinem Wesen bestimmen. Diese kommen von außen, sie sind extern. Der Stil 'kommt von innen', also "der Stil ist der Mensch selbst".

Der Schriftsteller Jean Paul gibt Buffon in seiner "Vorschule der Ästhetik" (1813, §76) recht und sieht die "geheimste Eigentümlichkeit mit ihren feinen Erhebungen und Vertiefungen" sich im Stile, "diesem zweiten biegsamen Leibe des Geistes" ausformen. Eigentümliches oder persönliches findet im Stil eines Menschen, dem "biegsamen Leibe des Geistes" seinen Ausdruck.

Spricht man von einem Lebensstil, ist damit eine Form des Selbstausdrucks gemeint, die das Leben von Menschen oder sozialen Gruppen umfasst. Es ist die "Art 'wie man sich gibt'".

Das Wort Stil verweist im Kontext der Literatur auf die Eigentümlichkeit der Ausdrucksform eines Autors, seinen sprachlichen Gestus.

In der Pädagogik kennt man "Erziehungsstile". Man kennt in der Kunst Epochenstile, in der Modenbranche Modestile, bei der Krankheits- und Stressverarbeitung Copingstile und in der Gesprächsführung Kommunikationsstile usw.

Auf dieser Webseite wollen wir uns Lernstilen zu widmen. (Lernstile kann man noch von kognitiven Stilen und Lernstrategien abgrenzen.)

Das Konzept der Lernstile geht davon aus, dass Menschen einige persönliche (nicht individuelle) Methoden bevorzugen, mit Erfahrungen umzugehen und Probleme oder Aufgaben zu lösen. Durch Lernstilkonzepte gerät deshalb auch der Aneignungsprozess von Menschen (neu) in den Blick. Zu vermuten ist, dass durch die bessere Kenntnis von Lernstilen auch ein erfolgreicheres Lernen möglich ist.

Ein Beispiel für ein interessantes Lernstilkonzept liefert das theoriegeleitete Modell des Erfahrungslernens von D.A. Kolb. Kolb grenzt mit

  • dem Akkomodierer (neigt zu aktivem Experimentieren und konkreten Erfahrungen),
  • dem Divergierer (präferiert konkrete Erfahrung und reflektiertes Beobachten),
  • dem Assimilierer (bevorzugt reflektiertes Beobachten und abstrakte Begriffsbildung)
  • und dem Konvergierer (mit seiner Neigung zu abstrakter Begriffsbildung und aktivem Experimentieren)

vier verschiedene Neigungen der Erfahrungsbildung voneinander ab.

Ein weiteres anregendes Beispiel gibt Gordon Pask, indem er

  • Serialisten (gehen gern Schritt für Schritt vor und wenden sich dabei Einzelheiten bzw. Details zu)
  • und Holisten (haben gern das Ganze im Blick und mögen Anekdoten, Bilder, Analogien)

unterscheidet.

Prof.i.R. Dr. Hans-Dieter Haller              Dr. Matthias Seipold

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